Steffen Mauersberger am Start beim 31. Hamburg Marathon

Im Oktober des letzten Jahres fiel die Entscheidung in Hamburg beim Marathon an den Start zugehen. Die Vorbereitung konnte also beginnen. Milde Temperaturen und wenig Schnee im Winter kamen mir als Läufer natürlich entgegen. So konnte ich mir gute Grundlagen erarbeiten. Für die letzten 12 Wochen vor dem Marathon sollte es ein Trainingsplan mit ca. 50 – 70 km pro Woche richten. Für die Ausdauer standen 4 lange, langsame Läufe über mehr als 30 km auf dem Programm. Alles lief bestens, bis mich im Februar eine heftige Grippe für 2 Wochen außer Gefecht setzte. Nichts ging mehr und ich fing an über eine Absage nachzudenken. Doch ich konnte mich wieder ans Training und an die Form heranarbeiten. Die Motivation war wieder da, bis ich mir im letzten langen Trainingslauf eine sehr schmerzhafte Wadenzerrung zugezogen habe. Und das 2 Wochen vor dem Wettkampf. Anstatt in den letzten beiden Wochen noch ordentlich zu trainieren und zu regenerieren, kamen schon wieder die Gedanken den Start abzusagen. Doch ich habe alles versucht, um doch starten zu können. Somit gab es vorerst eine absolute Laufpause. Heiße Bäder, Massagen, Kinesio–Tapeing und tägliche Dehnübungen sollten die Wade wieder fit machen. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die mich in diesen Tagen motiviert und meine Laune ertragen haben.

Da die Wade wieder in Ordnung zu sein schien, starteten Diana und ich unsere Reise nach Hamburg. Die Anbindung von Dresden ist sehr günstig und dauert mit dem Flugzeug nur eine knappe Stunde. Am Freitag haben wir meine Startunterlagen abgeholt und uns auf der Marathon–Messe umgeschaut, im Hotel etwas ausgeruht und uns abends das Musical "Der König der Löwen" angeschaut. Samstagmorgen stand für mich ein lockeres Einlaufen von ca. 30 min auf dem Plan. Dann eine Stadtrundfahrt mit dem Doppeldecker–Bus und wieder Ausruhen im Hotel. Am Abend holten wir uns beim Italiener noch eine große Portion Nudeln ab. Die Kohlenhydratspeicher waren somit gefüllt und pünktlich 22:00 Uhr war Nachtruhe angesagt.

Als 5:45 Uhr der Wecker klingelt, war die Anspannung riesengroß. Ein halbes Jahr Vorbereitung, 1.400 Trainingskilometer, eine Grippe–Zwangspause und eine Wade, von der ich zu diesem Zeitpunkt nicht genau wusste, ob sie halten würde. Es konnte losgehen. Also ab zum Frühstück, wo es Schwarzbrot mit Honig und 2 ordentliche Portionen Müsli mit Obst gab. Dann Laufklamotten anziehen, Rucksack packen und ab zum Start. Mit Diana hatte ich mir 3 Stellen abgesprochen, wo sie an der Strecke steht: bei Kilometer 12, Kilometer 17 und natürlich im Ziel.

Gegen 8:30 Uhr reihte ich mich in meinen Startblock ein. Um 9:00 Uhr fiel endlich der Startschuss und die 12.000 Marathonies und 6.000 Staffelläufer setzten sich in Bewegung. Es herrschte eine unglaubliche Atmosphäre. Links und rechts meterhohe Tribünen mit tausenden Zuschauern, laute Musik und sogar ein roter Teppich im Start–Ziel–Bereich. Es ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl, an so einem sportlichen Großereignis selbst teilzunehmen und nicht vor dem Fernseher zu sitzen. Die Strecke führte uns zunächst heraus aus dem Messegelände und über die Reeperbahn nach Westen, wo es nach einer Kehrtwende bei km 7 wieder zurück in die City ging.

Nach meiner Wadenverletzung habe ich die eigentliche Zielzeit von 3:30 h gestrichen und wollte nur gesund ankommen und den Lauf genießen. Bis km 12 konnte ich mein Rennen gut kontrollieren. Mein Plan war, die Pace bei etwa 5:10 min/km und den Puls unter 150 zu halten. Doch dann meldete sich plötzlich die Wade wieder zu Wort. Sofort schossen mir Gedanken in den Kopf, das Rennen aufzugeben und ich begann damit Schritt für Schritt in die Wade "hinein zuhören". Aber irgendwie ging es immer weiter und das "Zwicken" in der Wade wurde nicht wesentlich schlimmer. Der Weg führte nun in den Norden Hamburgs, vorbei an der Außenalster bis zur Kehrtwende in Ohlsdorf bei Kilometer 31. Hier spielte eine Heavy–Metal–Band "Highway to hell", was die Situation zu diesem Zeitpunkt auch auf den Punkt brachte. Das Ziel lag nur 11 km südlich, was eigentlich den Umfang eines lockeren Läufchens zu Hause ausmacht. Aber es steckten ja schon knapp 3 h Laufen in den Beinen. Jetzt fing der Marathon erst richtig an. Ich habe versucht ein Lachen ins Gesicht zu bekommen, so wie es die Hahner–Zwillinge Lisa & Anna immer in Fernsehen vorgemacht haben. Aber das funktionierte nicht so recht und mittlerweile merkte ich so ziemlich jeden einzelnen Knochen in den Beinen. Ich lenkte mich damit ab die Kinder am Straßenrand abzuklatschen. Als das Ziel so langsam näher kam, kehrte ein wenig Kraft in die Beine zurück. Ich beschloss einfach nur noch zu genießen und war in diesem Moment sehr dankbar hier sein zu dürfen. Je näher ich dem Ziel kam, desto lauter wurde es und umso mehr Zuschauer waren am Straßenrand. Dann endlich war der Zielbogen in Sicht und ich konnte endlich über den roten Teppich laufen. Aus der kreischenden Masse hörte ich Dianas Stimme heraus, die mich ein paar Meter vor dem Ziel empfangen hat. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, über den Zielstrich zu laufen. Die Anspannung und Last der letzten Wochen fielen mit einem Mal von mir ab.

Die erreichte Zeit war mir nicht so wichtig, vielmehr angekommen zu sein. Trotzdem können sich die 3:41:50 h sehen lassen. Und ich habe für mich direkt beschlossen: "Nach dem Marathon ist vor dem Marathon".

Meine Daten zum Lauf gibt es hier.

In diesem Sinne Sport frei!

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Newsarchiv April 2016